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Martinus: Der Pannonische Heilige im Porträt

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Wer war der große, vor 1.700 Jahren in Pannonien geborene Heilige, dessen Akt vom geteilten Mantel mit einem frierenden Bettler zum weltberühmten christlichen Urbild einer konkreten, tätigen Nächstenliebe, Solidarität und Barmherzigkeit wurde? 

Für Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics ist Martinus ein gerade in die Gegenwart des Hier und Heute hineinleuchtender Wegweiser, ein Kompass, der eine Zukunft eröffnende Orientierung auf dem christlichen Unterwegssein zu geben vermag. Ein "großer, Grenzen überwindender Europäer" sei er gewesen, ein "Mann des Glaubens und der konkreten Tat", der als "Tatzeuge des Evangeliums die Solidarität mit den Mitmenschen, eine Vernunft des Herzens lehrte und zum helfenden, nächstenliebenden Dienst an den Mühseligen und Beladenen" aufrief, so der Bischof. Wer war dieser Martinus, dessen Jubiläum "1700 Jahre Heiliger Martin" die Diözese Eisenstadt feiert?

Martinus: Vorbild in der heutigen Lebenswelt
"Martin ist in jedem Fall mehr als der verkitschte Patron der Gänse. Sein großes Vermächtnis ist das lebendige Feuer der Nächstenliebe, das wir weiter durch die Welt tragen sollen", so der Diözesanbischof, der in dem berühmten Heiligen ein Vorbild gerade in einer "politisch, sozial, ökonomisch und ökologisch blutende Welt" sieht, auch als "einen, der bereit ist, den Kopf hinzuhalten, um für fundamentale Werte, für die unhintergehbare Würde des Menschen und für die Wahrheit einzustehen und gerade zu stehen".

Geburtsort in Pannonien
Martinus wurde im Jahr 316 in Pannonien, im heute ungarischen Szombathely als Sohn eines römischen Militärtribuns geboren. Aufgewachsen ist er im oberitalienischen Pavia, der Heimatstadt seines Vaters, wo er im Alter von zehn Jahren als Katechumene, also als Taufbewerber aufgenommen wurde. Bereits mit 15 Jahren musste er auf Anweisung seines Vaters in den Soldatendienst bei einer römischen Reiterabteilung in Gallien eintreten. Unter Kaiser Konstantin dient er zwischen 351 und 361 n. Chr. als Tribun in der Gardereiterei, 356 wird er unter Kaiser Julian bei Worms aus dem Militärdienst ausscheiden, da er diesen mit seinem Christsein und seiner christlichen Überzeugung für unvereinbar hält.

Akt des Mantelteils – Urbild christlicher Nächstenliebe
Bereits zwei Jahre zuvor, 354 n. Chr., wurde Martinus im französischen Amiens von Hilarius, dem späteren Bischof von Poitiers, getauft. Hier in Amiens ist auch die wohl berühmteste Tat des hl. Martin verortet: Am Stadttor begegnete Martin, als Soldat auf dem Ross sitzend, einem frierenden Bettler, dem er die mit dem Schwert geteilte Hälfte seines Mantels schenkte. In der darauffolgenden Nacht erschien ihm Christus, bekleidet mit dem halben Mantel, den Martin dem Bettler gegeben hatte: er, Christus selbst, war es, der als Bettler Martinus begegnete.

Asketisch gegenüber sich selbst, fürsorgend gegenüber andere
Martin kehrte nach Pannonien zurück, um seine Mitmenschen vom Christentum zu überzeugen. Seien Mutter taufte er. Er kam dann nach Mailand, wo er womöglich Bischof Ambrosius, einem der großen Kirchenväter der Spätantike, begegnete. Auf der kleinen Insel Gallinaria vor Albenga im Golf von Genua lebte Martin einige Zeit als Einsiedler, wurde dann von Hilarius gerufen und setze sein Einsiedler-Dasein ab 360 n. Chr. in dessen Nähe in Ligugé bei Poitiers fort. Sein asketisches Leben und seine Barmherzigkeit, Fürsorge und tätige Nächstenliebe für die Armen und Not Leidenden machten ihn bereits zu dieser Zeit zu einem bewunderten Vorbild einer glaubwürdigen, weil aus tiefem Glauben gespeisten christlicher Lebenshaltung.

Gründer des ersten Kloster des Abendlandes
So war es der Wille und das Drängen des Volkes, wodurch er – gegen das Votum anderer Bischöfe und angeblich gegen seinen eigenen Willen – Bischof von Tours wurde. In diesen historischen Kontext steht die berühmte Legende, Martin habe sich in einem Stall versteckt, um der Wahl zu Bischof zu entgehen, wurde jedoch durch das Schnattern der Gänse verraten. Auch als Bischof blieb er seiner Lebensweise und seinem Lebensweg treu: Anstatt in der Stadt zu residieren, lebte er auf asketische Weise in einer Holzhütte vor der Stadtmauer. In Ligugé gründete er das erste Kloster des Abendlandes, die Abtei de Ligugé, im Jahr 375 n. Chr. errichtete er an der Loire nahe Tours jene Kolonie, aus der sich das Kloster Marmoutier als bedeutendes religiöses Zentrum entwickelte, wo unter Martins Leitung 80 Mönche ohne persönliches Eigentum, mit dem Verbot von Kauf und Verkauf lebten. Diese Gemeinschaft wurde zu einem Zentrum der Christianisierung in Gallien.

Couragiertes Auftreten selbst gegen den Kaiser
Martin kam im Zuge von Missionsreisen bis nach Chartres, Amboise und Paris, wo er einen Leprakranken heilte. Couragiert protestierte er bei Kaiser Maximus gegen die Anklage von Bischof Priscillian von Avila und dessen Verurteilung zum Tode. Seine prophetische und unbeugsame Haltung brachten Martin in den Sphären der Herrschenden, aber zuweilen auch in den Reihen des Klerus selbst Widerstände entgegen. Jenen Bischöfen, die die Verurteilung Priscillians betrieben oder zumindest befürwortet hatten, verweigerte Martin während seines Aufenthalts in Trier die eucharistische Gemeinschaft, ließ sie ihnen jedoch zukommen, nachdem Kaiser Gratian mit der Verfolgung christlicher Gruppen gedroht hatte.

Erster Nichtmärtyrer als Heiliger
Martin starb am 8. November 397 auf einer Reise nach Candes, einer Stadt seines Bistums. Die Beisetzung am 11. November erfolgte unter großer Anteilnahme der Bevölkerung: eine riesige Menschenmenge sowie tausende Mönche und Jungfrauen sollen Martin auf seinem letzten Weg begleitet haben. Martin war der erste Nichtmärtyrer, der im Westen als Heiliger verehrt wurde.

Martin, dessen Biografie vor allem durch die von Sulpicius Severus um 395 verfasste Lebensgeschichte überliefert ist, ist nicht nur Landespatron des Burgenlandes und Patron der Diözese Eisenstadt. Der Frankenkönig Chlodwig erhob Martin zum Nationalheiligen und Schutzherrn der fränkisch-merowingischen Könige. Martin ist Schutzpatron Frankreichs und der Slowakei sowie Patron der Stadt Mainz und des Eichfelds in Thüringen. Martins Mantel gehörte zum Kronschatz der fränkischen Könige. Eine weitere wichtige Quelle zum hl. Martin sind die "Vier Bücher über die Wunder des heiligen Martin", verfasst von Bischof Gregor von Tours im Frühmittelalter. 

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