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Statement Bischof Ägidius J. Zsifkovics
Die Antwort auf die Frage „Wer erzieht unsere Kinder?“hat in den letzten Jahren große Veränderung erfahren. Waren es früher die Generationen umfassenden Großfamilien und die Dorfgemeinschaften –ich erinnere mich dabei an meine eigene Kindheit, –die gemeinsam mit den pädagogischen Einrichtungen Kinder in das Leben begleitet und geleitet haben, so wird diese Verantwortung heute zunehmend auf Betreuungseinrichtungen, Schulen und Pädagog/innen übertragen. Ganz unbestritten hat hier ein Wandel stattgefunden, dessen Ursachen vielschichtig und gesellschaftspolitisch bedingt sind.
Eines aber bleibt unverändert: Die christliche Sichtweise, dass jedes Kind als Geschöpf und Geschenk Gottes einzigartig ist. Das Markusevangelium überliefert uns, dass Jesus selbst in den Kindern die natürlichen Erben des Himmels gesehen hat. Uns Erwachsenen hat er aufgetragen, "wie die Kinder" zu werden, unverformt und unbekümmert, um den Himmel zu erlangen. Ein Vermächtnis, das gerade für das Verständnis christlicher Erziehung von tragender Bedeutung ist.
Gott hat jedem Menschen Charismen und Talente gegeben, die ihn zu einem Individuum, das heißt zu einer unteilbaren und unverwechselbaren Person machen. Jeder Mensch hat Gaben, es gibt wohl niemanden, der keine hat. Aber nicht alle Menschen haben die gleichen Gaben. So ist es zunächst Aufgabe der Erwachsenen - der Eltern und Großeltern, der Lehrer/innen, der Pädagog/innen und aller, die an der Erziehung unserer Kinder beteiligt sind -, die jeweiligen Charismen zu entdecken und zu fördern.
Doch muss diese Förderung seinem Wesen nach etwas anderes sein als ein bloßes "Fitmachen" der Kleinsten für die ökonomischen Erwartungen der Gesellschaft und die Zwänge des Erwerbslebens. Daher kommt gerade der Weitergabe des christlichen Glaubens und des von ihm inspirierten humanistischen Welt- und Menschenbildes, auf dem unsere Kultur gegründet ist, in der Erziehung eine zentrale Rolle zu. Denn das Ziel christlicher Erziehung ist nicht der systemkonforme Mensch, der sich am Gängelband materieller Heilsversprechungen führen lässt, sondern der Mensch, der in innerer Freiheit seine Tage verantwortungsvoll zu ordnen weißund dort, wo er seine Grenzen erkennt, sein Dasein vertrauensvoll in größere Hände legt. Solche Menschen können gelassen durchs Leben gehen. Ihre Existenz hat Ausstrahlung auf die Befindlichkeit unserer ganzen Gesellschaft und die Qualität der menschlichen Zukunft. Innerlich freie und fröhliche Menschen können "Salz" im Teig der Welt sein.
Ich bin überzeugt davon, dass eine solche Erziehung in dem Maße gelingt, in dem es intakte Familien gibt, in denen diese Art des Menschseins vorgelebt wird. Die Familie ist und bleibt auch in Zeiten veränderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen die Keimzelle der Gesellschaft. Sie ist, ebenso wie die Ehe, keine soziologische Zufallskonstruktion, sondern tief in der Wahrheit vom Menschen verwurzelt. Und ich bin überzeugt, dass eine solche Erziehung zum Menschsein gelingt, wo alle in der Erziehung tätigen Personen - innerhalb wie außerhalb des familiären Verbandes - partnerschaftlich zusammenwirken, getragen von gegenseitigem Respekt und Vertrauen und mit der einzigartigen Würde des Menschen und dem unendlichen Wert der menschlichen Seele vor Augen.
Ich danke den Organisatoren der diesjährigen Woche der Familie herzlich für ihr Engagement. Mögen ihre Bemühungen mithelfen, den gesellschaftlichen Mehrwert einer an christlich-humanistischen Werten orientierten Erziehungspartnerschaft sichtbar zu machen.