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Die Kunst, Liturgie zu feiern

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Am 4. Dezember 1963 wurde die Liturgiekonstitution als erstes Dokument des II. Vatikanums mit großer Mehrheit verabschiedet. 2147 Konzilsväter votierten dafür, nur 4 dagegen. Seither sind 50 Jahre vergangen. Was blieb vom Konzilstext „Sacrosanctum Concilium“? Hans-Jürgen Feulner, Professor für Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie an der Universität Wien, referierte darüber bei der Pastoraltagung im „Haus der Begegnung“ in Eisenstadt.

Die Aufbruchsstimmung ist weitgehend verflogen. Regressive Tendenzen sind feststellbar. Der Gottesdienstbesuch ist allerorten rückläufig. Es gelingt immer weniger, die Menschen für den reichen Schatz der Liturgie zu begeistern. Aber liegt es nicht auch daran, dass unsere Gottesdienste oft lieblos, schlecht vorbereitet, routiniert und phantasielos „absolviert“ werden? Wenn der Gottesdienst ein „heiliges Spiel“ sein soll, muss er frei sein von jeder Schlamperei und Oberflächlichkeit. Die Liturgie darf nicht zur lästigen Pflichterfüllung verkommen, sondern muss ein Fest für alle Sinne sein.

Die Kunst, Liturgie zu feiern. Nicht selten hört man den Vorwurf, unsere Liturgie habe den Charakter des Mysteriums verloren. Eine zeitgemäße Mystagogie bedeutet, die Menschen in ein inneres Vollziehen einzubinden. Feulner: „Die Ars Celebrandi, die Kunst, Liturgie zu feiern, gelingt nur, wenn alle die nötige Feierkompetenz haben und fähig sind, sich in eine größere Gemeinschaft einzuordnen, die Fähigkeit zur Stille haben und zuhören können. Wie sollen sie sonst offen sein für das Wort Gottes?“ Die Kunst gottesdienstlichen Handelns und die religiöse Sprache müssen erlernt werden, da die liturgischen Texte und Symbole oft nicht aus der Alltagswelt kommen. Das gilt nicht nur für die Vorsteher der Liturgie, sondern auch für Lektoren, Ministranten, Kantoren und die ganze mitfeiernde Gemeinde.

Gestaltungsmöglichkeiten ausschöpfen. Vorschriften und Regeln schaffen es immer weniger, den Sinn des gottesdienstlichen Handelns zu erschließen. Die Menschen müssen in der Liturgie mit ihrem Leben vorkommen. Prof. Feulner: „Die Gestaltungsmöglichkeiten werden viel zu wenig ausgeschöpft. Wichtig wäre, möglichst viele Gemeindemitglieder zur Gottesdienstgestaltung heranzuziehen.“ Es gibt eine Fülle an Möglichkeiten: Kreuzwege, Maiandachten, Prozessionen, Anbetungstage, Marienvespern, Adventkranzsegnungen, Kindermetten, Schulschlussgottesdienste, Totenwachen, Bitttage. Hier bestehe viel Freiraum für die Gestaltung, so Feulner. Man könne auch alte Formen wiederbeleben.

Glaubwürdig feiern. Liturgie kommt heute vielen fremd vor. Je volkstümlicher sie ist, umso mehr wird sie angenommen. Der Liturgiefachausschuss muss sich fragen: Ist die Liturgiegestaltung in unserer Gemeinde zufriedenstellend? Wie konkret sind die Fürbitten? Was können wir gegen die fortschreitende Glaubensverdünnung tun? Entspricht unsere Technik - Lautsprecher, Liedanzeiger, etc. – den heutigen Erfordernissen? Ist Platz für genügend Stille im Gottesdienst? Stimmen die Worte im Gottesdienst mit dem überein, was im Alltag gelebt wird? Ist die Sprache verständlich? Wie wirkt unser Gottesdienstraum?

Erfahrbare Sinnhaftigkeit. Viele Gottesdienste leiden oft unter chronischem Liebesdefizit. Der Gottesdienst muss zum Aufbau der Gemeinde beitragen. Darum sind eine gute Vorbereitung, sprachliche Kompetenz, Glaubwürdigkeit in der Verkündigung und erfahrbare Sinnhaftigkeit wichtig. Für den Gottesdienstleiter gilt: Wer ruhig und gesammelt leitet, überträgt die Ruhe und das Gesammelt-Sein auch auf die Mitfeiernden. Keine einseitige Verkatechetisierung im Sinn einer Belehrung bei den Predigten. Lektoren könnten Erläuterungen der Schriftlesungen erhalten, um den Zusammenhang der Texte, die sie vortragen, besser zu verstehen.

Von der Gestalt zum Gehalt. Die Liturgie bietet viele Möglichkeiten, mit den Menschen ins Gespräch über ihr Leben und ihren Glauben zu kommen, etwa bei der Vorbereitung auf die Spendung von Sakramenten. Tauf- und Trauungsgespräche, die Vorbereitung zur Erstkommunion und Firmung, auch Krankensalbungen und Begräbnisse bieten Chancen, Menschen zur Mitgestaltung einzuladen und ihnen so durch eine gute liturgische Gestaltung den Gehalt der Liturgie zu erschließen.

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