„Die richtigen Segel setzen“: In seiner Festpredigt spricht Bischof Benno Elbs zur Lage von Kirche und Religion in der heutigen Gesellschaft und wie es gelingen kann, dem Gegenwind entgegenzusteuern
Es seien drei Logiken, die die Situation des heutigen Menschen und unserer Gesellschaft entscheiden prägen und beeinflussen: jene der Medien, jene des Marktes und des Konsums sowie die Logik der Finanzmärkte. „Religion und Kirche hingegen zählen nicht zum Mainstream, sind kein Modetrend unserer Gesellschaft“, so Bischof Elbs am Beginn seiner Predigt. Gegenwind sei spürbar und deshalb sei es entscheidend, „die richtigen Segel zu setzen, die das Boot voran bringen.“
Das erste Segel: Gottesbewusstsein
Es scheint, als würde der Mensch von heute auf weite Strecken ohne Gott auskommen, obwohl neue soziologische Studien belegen, dass Religion zurückkehrt und den Menschen wichtig ist. „Die entscheidende Frage an uns muss daher lauten: Glaubst du, dass Gott alle Wege deines Lebens mit dir geht?“ Es sei eine unserer vordringlichsten Aufgaben, so der Bischof, diese Spuren Gottes in unserem Leben zu entdecken. „Kaum jemand von uns wird eine große Erscheinung gehabt haben. Aber es ist doch so, dass Gott uns umarmt durch die Wirklichkeit, in der wir leben. Durch die Erfahrung des Trostes in einer Situation des Leides, durch die Umarmung eines lieben Menschen, durch ein gutes Wort, das neue Hoffnung und Perspektive schenkt.“ Wenn es gelingt, aus diesem Bewusstsein, dass Gott jeden Augenblick des Lebens mit uns verbunden ist, zu leben, dann „sind alle Wege meines Lebens auch Heilswege, Wege zu Glück und Sinn, so wie es auch der hl. Martin in seinem bewegten Leben erfahren hat.“
Das zweite Segel: Gemeinschaftsbewusstsein
„Gemeinschaftsbewusstsein trifft den Kern christlichen Glaubens“, ist Elbs überzeugt. Das II. Vatikanische Konzil fordere auf, Solidarität zu leben. „In seiner Eröffnungsansprache zum Konzil spricht Papst Johannes XIII. vom Heilmittel der Barmherzigkeit als Basis der Präsenz des Evangeliums heute“. Der moderne Mensch habe viele Sorgen: Angst vor der Einsamkeit, Angst vor Krankheit und Tod, Angst um den Arbeitsplatz und die wirtschaftliche Existenz. Deshalb seien „diese Heilmittel der Barmherzigkeit“ heute auch anders als vor 500 Jahren. „Ein Heilmittel ist es zum Beispiel, einem Menschen zu sagen: Du gehörst dazu.“ Konkret spricht Elbs dabei jene Menschen an, die am Rande stehen: Behinderte, sozial Schwache, Ausländer, alte Menschen, Flüchtlinge. „Die Sehnsucht nach Zugehörigkeit - die eine der tiefsten Sehnsüchte des menschlichen Herzens ist - zu stillen, das ist eine entscheidende Aufgabe für uns.“Als weitere mögliche Mittel der Barmherzigkeit nennt Elbs: Menschen Ansehen geben, besonders jenen, die übersehen werden, die abgeschrieben oder verurteilt sind; für andere zu beten, um sie so hineinzunehmen in die Barmherzigkeit Gottes; Menschen besuchen, die einsam, allein und ausgestoßen sind. Die Zusammenfassung all dieser Werke finde sich im Bild des hl. Martin, in der Mantelteilung, in der Zuwendung zum Anderen auf Augenhöhe.
Das dritte Segel: Selbstbewusstsein
Was Christen von heute besonders bräuchten, ist Mut. „Vielleicht gerade auch deshalb, weil das Gottesbewusstsein in unserem Leben abhanden gekommen ist.“ Auch hier, so Elbs weiter, könne der hl. Martin Vorbild sein. War doch sein Leben geprägt von diesem Mut, der selbstbewusst macht. Ein offener Blick in die Situation unserer Diözese würde auch uns mehr Selbstbewusstsein schenken. Gibt es doch eine Vielzahl an Zeichen der Nächstenliebe, die durch Christinnen und Christen im Geist des Evangeliums geschehen. „Gehen wir unseren Weg mit großem Gottvertrauen und in dem Wissen, dass Gott auch aus den kleinen Dingen des täglichen Lebens Großartiges entstehen lassen kann.“
Grußwort Diözesanbischof Zsifkovics
In den Sprachen des Burgenlandes begrüßte Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics die zahlreichen Gläubigen, die sich am Festtag des Diözesan- und Landespatrons im Martinsdom eingefunden hatten. Allen voran den Ehrengast und Festprediger Bischof Benno Elbs, Bischof der Diözese Feldkirch.
Besonders erfreut zeigte sich der Diözesanbischof über die große Anzahl von Vertreter/Innen des öffentlichen Burgenlandes sowie über die Anwesenheit von Superintendent Manfred Koch.
Vertreter des öffentlichen Lebens
Der hl. Martin ist auch Schutzpatron des Landes Burgenland. Dementsprechend nahmen am Festgottesdienst auch zahlreiche Vertreter/innen der Burgenländischen Landesregierung – mit Landeshauptmann Hans Niessl und Landeshauptmannstellvertreter Franz Steindl an der Spitze – sowie des Burgenländischen Landtages teil.
Weiters konnte Bischof Zsifkovics den Bürgermeister der Freistadt Eisenstadt, Thomas Steiner, Landespolizeidirektor Hans-Peter Doskozil sowie zahlreiche weitere Vertreter politischer und öffentlicher Institutionen auf Bundes-, Landes-, Bezirks- und Gemeindeebene begrüßen.
Musikalische Gestaltung
Musikalisch gestaltet wurde der Festgottesdienst von der Dommusik St. Martin, die die „Messe C-Dur“ von Franz Schubert zur Aufführung brachte.
Musikalisch Ausführende: Claudia Pumberger (Sopran), Michiko Ogata (Alt), Martin Maier (Tenor), Peter Goldner (Bass)
Orgel: Domorganist Robert Kovacs
Konzertmeisterin: Barbara Klebel-Vock
Leitung: Dom- & Diözesanmusikdirektor Thomas Dolezal