Univ.-Prof. DDr. Matthias Beck |
einkehrtag für 5 burgenländische Dekanate gewichtige ethische und medizinische Probleme des Gesetzes-
entwurfes der österreichischen Bundesregierung – Bischof Zsifkovics appelliert an Politik und burgenländische Abgeordnete zum Nationalrat, am 21. Jänner 2015 kein unausgegorenes Gesetz "hinter dem Rücken der Menschen" zu beschließen und stattdessen einen neuen Entwurf auf Basis eines breiten fachlichen und gesellschaftlichen Diskurses zu erarbeiten.
Die für den 21. Jänner 2015 geplante Novellierung des Fortpflanzungsmedizingesetzes war Thema der Priesterrecollectio des Dekanatskreises Nord (mit den Dekanaten Eisenstadt, Mattersburg, Rust, Neusiedl/See, Frauenkirchen) am Donnerstag in Eisenstadt. Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics bat den anerkannten Experten für Medizinethik, Univ.-Prof. Dr. Dr. Matthias Beck, spontan darum, dieses, so Zsifkovics, "im wahrsten Sinn des Wortes ‚lebensnahe’Thema" zum Kern seines Vortrages vor Priestern zu machen. Damit setzt der Eisenstädter Bischof auf "aufgeklärte, selbst für komplizierte Themen offene Seelsorger, die auf der Höhe der Zeit den Menschen mit Rat und Tat vorangehen können." Seit Wochen protestieren kirchliche Institutionen gegen den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Gesetzesentwurf, mit dem die In-vitro-Fertilisation (IVF) ausgeweitet werden soll. Die Homepage www.kinderbekommen.at ermöglicht allen Burgenländerinnen und Burgenländern einen wirksamen Protest gegen das Vorhaben, das zahlreiche offene Fragen aufweist.
Beck: "Viele Probleme, die noch diskutiert gehören"
In seinem Vortrag erläuterte Professor Beck, der selbst Mediziner und auch Mitglied der Bioethikkommission ist, die vielen Mängel und offenen Fragen des Gesetzesentwurfes, sowohl in medizinischer als auch in ethischer Hinsicht. Diese Mängel erklären, dass es ein Entwurf "durch die Hintertür" und somit an der Öffentlichkeit vorbei sei. Die für einen Gesetzesentwurf dieser Tragweite ungewöhnlich kurze Begutachtungsfrist sowie die penible Vermeidung eines öffentlich geführten fachlichen Diskurses lassen die Frage aufkommen, ob es tiefere, nicht genannte Gründe für diesen eilig eingebrachten Gesetzesentwurf gibt.
Unzureichender Gesetzesentwurf nimmt ethisch schwer bedenkliche Folgen in Kauf: Zwei Beispiele
Erstes Beispiel: Das neue Gesetz sieht vor, dass nach einer IVF möglichst nur ein Embryo in die Gebärmutter transferiert wird, damit Mehrlingsschwangerschaften (sie sind potentielle Risikoschwangerschaften) vermieden werden. Da jedoch IVF-Embryonen in Einzelfällen zu Zwillingsbildung neigen, kann es - wenn zwei Embryonen implantiert worden sind - vorkommen, dass zur Vermeidung einer Drillingsschwangerschaft (die immer eine Risikoschwangerschaft ist) Zwillingsembryonen durch gezielten Stich ins Herz mit Kaliumchloridlösung getötet werden ("Fetocid") und diese toten Embryonen/Feten dann bis zur Geburt neben dem am Leben geblieben Zwilling liegen bleiben. Seelische Auswirkungen auf die Befindlichkeit des Überlebenden bleiben im Entwurf der Bundesregierung außer Acht. Ein zweites Beispiel: Bestimmte im Entwurf vorgesehene Methoden der IVF, bei der ein Spermium direkt in die Eizelle gespritzt wird, können zu späteren Schäden beim Kind führen. Ein Medikament mit derartigen Nebenwirkungen würde niemals zugelassen. Beim vorliegenden Entwurf der Bundesregierung wird das Kindeswohl jedoch nicht beachtet.
Bischof Zsifkovics: "Fromme Programme allein reichen nicht –Christen müssen auf der Höhe der Zeit aktiv Stellung beziehen!"
Der Eisenstädter Diözesanbischof betonte in seinem Statement vor den Teilnehmern der Priesterrecollectio die Notwendigkeit der Kirche, gerade auch in der wissenschaftlichen Diskussion mithalten zu können, um christliche Werte und Menschenwürde wirksam einzufordern. "Wenn wir weiterhin ernstzunehmende Player in Welt und Gesellschaft sein wollen, müssen wir auch bei komplizierten Themen profund mitreden können!" so der Bischof. Hier seien in der Vergangenheit große Versäumnisse kirchlicherseits zu verzeichnen, erläutert Zsifkovics in Bestätigung der Analyse Becks, dass die Kirche in Österreich in ihren eigenen Reihen nicht genügend naturwissenschaftliche Elitenbildung betreibe und daher das Terrain anderen überlasse.
Glaube und Wissen gehören zusammen, Absage an Nischenfrömmigkeiten
"Wir müssen aufhören, uns in Nischenfrömmigkeiten zu ergehen, und stattdessen wieder den Finger auf den Puls der Zeit legen. Glaube und Wissen gehörten über weite Bereiche der Geschichte zusammen. Professor Beck, der selbst katholischer Priester ist, ist das beste Beispiel und gleichzeitig Vorbild für eine kirchliche Linie, die mit der Welt auf Augenhöhe steht", so Zsifkovics in einem Interview nach der Recollectio. Zunächst gehe es aber darum, die Abgeordneten dazu zu bewegen, dem Entwurf in der jetzigen Form die Zustimmung zu versagen. Das Thema Leben und Familie brauche allen gebotenen Schutz, ein neues Gesetz müsse mit wirklich allen Bereichen der Gesellschaft akkordiert werden.
Zur Presseaussendung des Katholischen Familienverbandes Österreichs ...