Amani Abuzahra, Dozentin der Philosophie und Interkulturellen Pädagogik, im Gespräch mit Dominik Orieschnig, Bischöflicher Sekretär und Pressesprecher der Diözese Eisenstadt, bei der Jahrestagung des Forums Katholischer Erwachsenenbildung in Eisenstadt über "Emotionalisierung und Polarisierung im Spannungsfeld des religiösen Lebens der Gegenwart"– Abuzahra: Kulturelle und religiöse Vielfalt "nicht nur aushalten, sondern auch dahinterstehen"
Demokratie ist mit dem Islam nicht nur vereinbar, sondern lässt sich auch aus einer islamischen Position begründen: Davon zeigt sich die muslimische Philosophin und Expertin für Integration und Partizipation, Amani Abuzahra, im Gespräch mit dem Leiter des Bischöflichen Sekretariats und Pressesprecher der Diözese Eisenstadt, Dominik Orieschnig überzeugt. "Der Vorwurf, Islam und Demokratie seien miteinander nicht vereinbar, widerspricht der Praxis, weil viele Muslime vor autoritären Systemen in demokratische Gesellschaften in der Hoffnung auf ein friedliches Leben im freien Miteinander fliehen. Demokratie und Menschenrechte lassen sich aber auch theologisch aus dem Islam begründen", so Abuzahra.
"Religion kommt durch die Menschen zum Leben"
Die Dozentin für Philosophie und Interkulturelle Pädagogik an der Kirchlich-Pädagogischen Hochschule (KPH) Wien sprach als Referentin der Jahrestagung des Forums Katholischer Erwachsenenbildung über "Emotionalisierung und Polarisierung im Spannungsfeld des religiösen Lebens der Gegenwart". Es gebe nicht "den einen Islam, sondern die Religion kommt durch die Menschen zum Leben. Auch in Österreich ist der Islam kein homogenes Gebilde, sondern sehr pluralistisch und je nach kulturellem und sozialem Kontext, Bildungshintergrund, ethnischer Zugehörigkeit und anderer Aspekte unterscheiden sich Musliminnen und Muslime sehr deutlich voneinander, auch wenn sie ihr gemeinsames Bekenntnis zum Islam eint", betont Abuzahra.
Menschenrechtsverletzungen mit Islam unvereinbar
Es gehe weniger darum, sich Gedanken über einen möglichen "Austro-Islam" im Sinne einer spezifischen Ausprägung des Islam in der österreichischen Gesellschaft zu machen, als das Heimischwerden der Musliminnen und Muslime zu bestärken: "Der Islam in Europa und in Österreich ist ein gesellschaftliches Faktum. Wichtig ist, dass sich Musliminnen und Muslime die hiesige Gesellschaft als ihre Heimat begreifen, sich der Verfassung und den Menschenrechten verpflichtet fühlen. Dabei gilt es, das Bewusstsein zu stärken, dass Menschenrechte eine Verankerung im religiösen Kontext des Islam selbst haben" und somit die Verletzung von Menschenrechten mit dem Islam nicht vereinbar sei, wie die Integrationsexpertin ausdrücklich erklärt. "Musliminnen und Muslime wollen in erster Linie in Frieden und damit in einer Gesellschaftsordnung, die Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Solidarität ermöglicht und befördert, leben. Der Vorwurf, Islam und Demokratie seien nicht vereinbar widerspricht der praktischen Wirklichkeit und Tatsache, dass viele Menschen aus repressiven, autoritären, unfreien Staaten wie Syrien oder Afghanistan fliehen, um in einer freien, auf Menschenrechten basierenden Gesellschaft leben zu können", so Abuzahra. Menschenrechte seien ein existenzielles Gut, "das auch aus dem Islam selbst begründbar ist".
Vielfalt: "Dahinterstehen, nicht bloß aushalten"
Sie selbst wünsche sich von der österreichischen Gesellschaft und ihrer zukünftigen Entwicklung, dass "Vielfalt nicht nur Gegenstand der Diskussion, sondern gelebte Praxis und Normalität wird. Die Gesellschaft sollte sich dahingehend entwickeln, dass Vielfalt, Pluralität, Verschiedenheit und die Anerkennung von Minderheiten nicht nur ausgehalten, sondern als Wert begriffen werden". Es gehe also nicht nur darum, Vielfalt "auszuhalten", sondern "dahinterzustehen" und "zu leben", sagt die Philosophin.
"Kultur der Stille" als Korrektiv zu Emotionalisierungen
Angesichts eines mitunter emotionalisierenden und polarisierenden Diskurses über religiöse Sinn- und Bedeutungszusammenhänge brauche es die Rückbesinnung auf eine ausgleichende "Kultur der Stille": "Emotionen sind ambivalent. Sie können Begegnungen zwischen Menschen fördern, aber auch verhindern. Eine Kultur der Stille ermöglicht die Rückbesinnung, die Reflexion und bewusste Wahrnehmung auf das Spannungsfeld vielfältiger Emotionen, ob positive wie etwa Vertrauen, oder negative wie etwa Ängste oder Wut. Im Umgang mit der Tendenz zu Emotionalisierungen und Polarisierungen müssen wir einerseits den Blick auf uns selbst schärfen und den eigenverantwortlichen, selbstbestimmten Umgang mit emotionalen Erfahrungen und Betroffenheiten stärken. Andererseits braucht es konkrete, gelebte Orte der zwischenmenschlichen Begegnung, um das Gefühl des Fremdseins abzubauen", so Abuzahra.
Zuspruch für öffentliches Engagement als Muslimin
Differenziert beurteilt sie das vielfach diskutierte und in diesem Jahr implementierte Islamgesetz, das die Rechte und Pflichten der Musliminnen und Muslime in Österreich auf eine neue rechtliche Basis stellt: Österreich spiele angesichts der gesetzlichen Anerkennung des Islam eine "Vorreiterrolle, die man auch europaweit hinaustragen kann". Andererseits empfinden viele Musliminnen und Muslime einzelne Bestimmungen als Benachteiligung und Ungleichbehandlung gegenüber den Rechtsrahmen für andere religiöse Gemeinschaften.
Für ihre engagierte Positionierung in der Öffentlichkeit, für ihre elaborierte Teilhabe am öffentlichen Diskurs, und zwar sowohl zu Anliegen des Islam im Allgemeinen als auch zu Interessen, Perspektiven, Fragen, Rechten, Anliegen muslimischer Frauen sowie Minderheiten- und Integrationsthemen im Speziellen, erfahre sie in der muslimischen Gemeinschaft weitestgehend "Zustimmung und Zuspruch": "Viele ermutigen mich und sagen, wir bräuchten mehr muslimische Frauen, die im öffentlichen Raum ihre Stimme erheben und Stellung beziehen", sagt Amani Abuzahra im Gespräch mit Dominik Orieschnig.
"Religion kommt durch die Menschen zum Leben"
Die Dozentin für Philosophie und Interkulturelle Pädagogik an der Kirchlich-Pädagogischen Hochschule (KPH) Wien sprach als Referentin der Jahrestagung des Forums Katholischer Erwachsenenbildung über "Emotionalisierung und Polarisierung im Spannungsfeld des religiösen Lebens der Gegenwart". Es gebe nicht "den einen Islam, sondern die Religion kommt durch die Menschen zum Leben. Auch in Österreich ist der Islam kein homogenes Gebilde, sondern sehr pluralistisch und je nach kulturellem und sozialem Kontext, Bildungshintergrund, ethnischer Zugehörigkeit und anderer Aspekte unterscheiden sich Musliminnen und Muslime sehr deutlich voneinander, auch wenn sie ihr gemeinsames Bekenntnis zum Islam eint", betont Abuzahra.
Menschenrechtsverletzungen mit Islam unvereinbar
Es gehe weniger darum, sich Gedanken über einen möglichen "Austro-Islam" im Sinne einer spezifischen Ausprägung des Islam in der österreichischen Gesellschaft zu machen, als das Heimischwerden der Musliminnen und Muslime zu bestärken: "Der Islam in Europa und in Österreich ist ein gesellschaftliches Faktum. Wichtig ist, dass sich Musliminnen und Muslime die hiesige Gesellschaft als ihre Heimat begreifen, sich der Verfassung und den Menschenrechten verpflichtet fühlen. Dabei gilt es, das Bewusstsein zu stärken, dass Menschenrechte eine Verankerung im religiösen Kontext des Islam selbst haben" und somit die Verletzung von Menschenrechten mit dem Islam nicht vereinbar sei, wie die Integrationsexpertin ausdrücklich erklärt. "Musliminnen und Muslime wollen in erster Linie in Frieden und damit in einer Gesellschaftsordnung, die Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Solidarität ermöglicht und befördert, leben. Der Vorwurf, Islam und Demokratie seien nicht vereinbar widerspricht der praktischen Wirklichkeit und Tatsache, dass viele Menschen aus repressiven, autoritären, unfreien Staaten wie Syrien oder Afghanistan fliehen, um in einer freien, auf Menschenrechten basierenden Gesellschaft leben zu können", so Abuzahra. Menschenrechte seien ein existenzielles Gut, "das auch aus dem Islam selbst begründbar ist".
Vielfalt: "Dahinterstehen, nicht bloß aushalten"
Sie selbst wünsche sich von der österreichischen Gesellschaft und ihrer zukünftigen Entwicklung, dass "Vielfalt nicht nur Gegenstand der Diskussion, sondern gelebte Praxis und Normalität wird. Die Gesellschaft sollte sich dahingehend entwickeln, dass Vielfalt, Pluralität, Verschiedenheit und die Anerkennung von Minderheiten nicht nur ausgehalten, sondern als Wert begriffen werden". Es gehe also nicht nur darum, Vielfalt "auszuhalten", sondern "dahinterzustehen" und "zu leben", sagt die Philosophin.
"Kultur der Stille" als Korrektiv zu Emotionalisierungen
Angesichts eines mitunter emotionalisierenden und polarisierenden Diskurses über religiöse Sinn- und Bedeutungszusammenhänge brauche es die Rückbesinnung auf eine ausgleichende "Kultur der Stille": "Emotionen sind ambivalent. Sie können Begegnungen zwischen Menschen fördern, aber auch verhindern. Eine Kultur der Stille ermöglicht die Rückbesinnung, die Reflexion und bewusste Wahrnehmung auf das Spannungsfeld vielfältiger Emotionen, ob positive wie etwa Vertrauen, oder negative wie etwa Ängste oder Wut. Im Umgang mit der Tendenz zu Emotionalisierungen und Polarisierungen müssen wir einerseits den Blick auf uns selbst schärfen und den eigenverantwortlichen, selbstbestimmten Umgang mit emotionalen Erfahrungen und Betroffenheiten stärken. Andererseits braucht es konkrete, gelebte Orte der zwischenmenschlichen Begegnung, um das Gefühl des Fremdseins abzubauen", so Abuzahra.
Zuspruch für öffentliches Engagement als Muslimin
Differenziert beurteilt sie das vielfach diskutierte und in diesem Jahr implementierte Islamgesetz, das die Rechte und Pflichten der Musliminnen und Muslime in Österreich auf eine neue rechtliche Basis stellt: Österreich spiele angesichts der gesetzlichen Anerkennung des Islam eine "Vorreiterrolle, die man auch europaweit hinaustragen kann". Andererseits empfinden viele Musliminnen und Muslime einzelne Bestimmungen als Benachteiligung und Ungleichbehandlung gegenüber den Rechtsrahmen für andere religiöse Gemeinschaften.
Für ihre engagierte Positionierung in der Öffentlichkeit, für ihre elaborierte Teilhabe am öffentlichen Diskurs, und zwar sowohl zu Anliegen des Islam im Allgemeinen als auch zu Interessen, Perspektiven, Fragen, Rechten, Anliegen muslimischer Frauen sowie Minderheiten- und Integrationsthemen im Speziellen, erfahre sie in der muslimischen Gemeinschaft weitestgehend "Zustimmung und Zuspruch": "Viele ermutigen mich und sagen, wir bräuchten mehr muslimische Frauen, die im öffentlichen Raum ihre Stimme erheben und Stellung beziehen", sagt Amani Abuzahra im Gespräch mit Dominik Orieschnig.