Das von Papst Franziskus ausgerufene heilige "Jahr der Barmherzigkeit" und das Jubiläumsjahr "1700 Jahre Heiliger Martin" sind der perfekte "Türöffner" für die Einrichtung Heiliger Pforten, die in der Diözese an der Eisenstädter Domkirche sowie an den Basiliken in Maria Loretto, Frauenkirchen und Güssing eröffnet wurden und als "Pforten der Barmherzigkeit" an die Mantelteilung des hl. Martin erinnern – Bischof Zsifkovics: "Gelebte Barmherzigkeit ist ein Schlüssel des Christsein, das uns immer wieder aufs Neue vor das Wagnis der Einkehr und der Umkehr stellt"
"Durch eine Pforte zu schreiten, bedeutet immer das Wagnis einer Schwellenerfahrung, sich im Ausgang von einem Bekannten auf ein noch Unbekanntes einzulassen. Auch die Barmherzigkeit ist ein Wagnis und vor allem ist sie jenes Tor, das ein christlich-humanitäres Miteinander eröffnet und grundlegend trägt", so Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics anlässlich der Eröffnung der Heiligen Pforten in der Diözese Eisenstadt. Ermutigt von Papst Franziskus und dem von ihm ausgerufenen heiligen "Jahr der Barmherzigkeit", das mit dem Jubiläumsjahr "1700 Jahre Heiliger Martin" zusammenfällt, hat die Diözese Eisenstadt Heilige Pforten an der Dom- und Stadtpfarrkirche Eisenstadt sowie an den Basiliken Maria Loretto, Frauenkirchen und Güssing eingerichtet.
Pforte der Barmherzigkeit: Symbol der Mantelteilung
Der Bischof lud alle Dekanate der Diözese herzlich ein, im "Jahr der Barmherzigkeit" bzw. im Martinsjahr eine Monatswallfahrt zu den Heiligen Pforten zu begehen. Die Pforten mit dem je im Zentrum leicht schräg stehenden Kreuz mit der Inschrift "Barmherzig wie…" wurden von Künstler Heinz Ebner gestaltet: "Eine solche Pforte kann man nicht unbekümmert ‚durch-laufen‘. Will man die Pforte der Barmherzigkeit passieren, muss man sich um seine eigene Achse drehen, seinen Blickwinkel ändern und seinen Horizont erweitern", so der Künstler. Erst mit dieser Drehung, zu der der Durchschreitende eingeladen wird, wird die zweite Seite des "geteilten Mantels" erschlossen: "Diese hat die Form einer Spiegelfläche, in der sich der Durchschreitende selbst erkennt, und zwar im Anblick ausgewählter Zeitungsartikel und Stellen aus dem Evangelium, die das Thema Barmherzigkeit aufgreifen und zur Sprache bringen", erläutert Heinz Ebner.
Tor zu neuen Sinndimensionen
Die Gestaltung der Pforten soll in ihren Proportionen an das Schwert des römischen Offiziers Martinus erinnern, der damit seinen roten Offiziersmantel durchschnitt und mit einem Bettler teilte. Darauf deuten auch die roten Flächen links und rechts vom Kreuz hin. "Wer sich auf das Geschenk der Barmherzigkeit einlässt, mit dem geschieht selbst etwas im Sinne eines Aufschließens und Erschließens neuer Sinndimensionen, im Sinne einer Offenheit, sich selbst zu verwandeln und nicht nur dieses und jenes als Geschenkhaftes zu verspüren, sondern das Dasein als solches in seinem Gabecharakter anzunehmen. Damit wird auch das Dasein des Nächsten, des Mitmenschen als des konkreten Du zu einem Unverwechselbaren und Geschenkhaften", so Diözesanbischof Zsifkovics.
Durchschreiten als Akt der Verwandlung
Barmherzigkeit, so Bischof Zsifkovics, sei nicht ein beliebiges Thema im Ausbuchstabieren eines christlichen Glaubensbezugs, sondern "wesentlicher Schlüssel für das Erschließen eines Selbst- und Weltverständnisses aus der unversiegbaren Quellen des liebenden Angenommenseins durch Gott". Wer seine Sinne für den Herzschlag der Barmherzigkeit öffne und sein Handeln von der Grunderfahrung der Barmherzigkeit leiten lasse, der vermag nicht bloß ein raumzeitliches, materialisiertes Tor, sondern eine Pforte als Eingang in einen gewandelten Daseinssinn zu durchschreiten".
Künstler Heinz Ebner zur Konstruktion der Grundidee: "Das Kreuz ist aus drei bis vier Dreischicht-verleimten, witterungsbeständigen Holzplatten zusammengesetzt und wird von drei roten Mantelflächen gestützt. Diese bestehen aus jeweils einem massiven Holzrahmen. Auf der Vorderseite der Rahmen sind bedruckte Textilien gespannt, auf der Rückseite mit Text bedruckte Spiegelflächen verschraubt." Die Heiligen Pforten sind als "Portale der Barmherzigkeit" vor dem Eingang der Kirchen im Abstand von fünf bis 20 Metern freistehend aufgestellt.
Franziskus "globalisiert" uralte Tradition
Papst Franziskus hat mit dem von ihm ausgerufenen Heiligen Jahr eine weit zurückreichende spirituelle Tradition revitalisiert und in eine auf der Höhe der Zeit angekommene Form gegossen. Als Heilige Pforte wird ein bestimmter Eingang einer Kathedralkirche bezeichnet, der nur zu Heiligen Jahren geöffnet ist. Beginn und Abschluss des Jubeljahres werden durch die Öffnung und Schließung der Pforte durch den Bischof markiert. Im Jahr 1122 erteilte der damalige Papst Calixt II. der Kathedrale von Santiago de Compostela das Privileg, "Heilige Jahre" durchführen zu dürfen. Papst Bonifaz VIII. rief im Jahr 1300 ein besonderes Pilgerjahr, ein "Jubeljahr" bzw. "Heiliges Jahr" aus, wobei diese Begriffe in seiner Einberufungsbulle noch nicht enthalten sind. Papst Alexander VI. führte zu Weihnachten 1499 die Tradition ein, dass das Heilige Jahr mit drei Hammerschlägen gegen die Heilige Pforte eröffnet wird. In Rom sind die Lateranbasilika, die Basilika St. Peter im Vatikan, die Basilika St. Paul vor den Mauern und die Basilika Santa Maria Maggiore im Besitz einer Heiligen Pforte. Das Durchschreiten einer Heiligen Pforten symbolisiert immer eine Gnadenerfahrung im Zugehen auf Christus. Mit dem von Papst Franziskus ausgerufenen Heiligen Jahr der Barmherzigkeit erhält diese Tradition eine globale Dimension.