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Zsifkovics mahnt gemeinsame EU-Antwort auf Flüchtlingskrise ein

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Eisenstädter Bischof erarbeitet im Auftrag der EU-Bischofskommission COMECE Grundsatzpapier zu Flucht, Migration und Integration, das EU-Entscheidungsträgern wesentliche Anregungen aus christlicher Sicht bieten soll - Heute und morgen, 18. Dezember, dem Internationalen Tag der Migranten, befasst sich der Europäische Rat mit dem Thema

Eisenstadt-Brüssel, 17.12.2015 - Flüchtlingen Schutz und Hilfe bieten und gleichzeitig die gesellschaftliche Stabilität und das kulturelle Gleichgewicht in Europa zu bewahren ist zwar eine große Herausforderung, aber möglich: Das hat der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics dargelegt. Der in der EU-Bischofskommission (COMECE) für Integrationsfragen zuständige Bischof hat ein Grundsatzpapier verfasst, das zentrale Herausforderungen zu den Bereichen Flucht, Migration und Integration benennt und politische Konsequenzen auf nationaler wie internationaler Ebene einmahnt. Zsifkovics fordert eine "verantwortungsvolle und gemeinsame Antwort" auf die aktuelle Flüchtlings- und Migrationskrise und unterstreicht zugleich die Bereitschaft der Katholischen Kirche zu Hilfe und Zusammenarbeit.
Das Grundsatzpapier wurde dieser Tage von COMECE-Präsident Kardinal Reinhard Marx mit einem Begleitschreiben an die EU-Entscheidungsträger übergeben; besonders auch hinsichtlich der Beratungen des Europäischen Rates am Donnerstag und Freitag, die sich mit der weiteren Vorgehensweise in der Flüchtlingsfrage beschäftigen. Der Freitag (18. Dezember) ist zugleich auch der Internationale Tag der Migranten.
Wörtlich appelliert Bischof Zsifkovics im Namen der EU-Bischöfe an die Politik: "Wir rufen die internationale Gemeinschaft und die einzelnen Staaten, darunter die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, zu einer verantwortungsvollen und gemeinsamen Antwort auf die aktuelle Flüchtlings- und Migrationskrise auf. Eine Antwort, die Menschen ins Zentrum der Maßnahmen rückt und die Ursachen der Krise bekämpft. Eine Antwort, die ein neues Modell internationaler Zusammenarbeit entwickelt und verbindliche Abkommen erarbeitet. Eine Antwort, die einen angemessenen Umgang mit der Situation garantiert - unter voller Beteiligung der Europäischen Union und ohne jegliche Schmälerung des Gemeinwohls europäischer Gesellschaften."
Wo ein Staat seine Grundpflichten verletzt und nicht mehr die Bedingungen gewährleisten kann, damit seine Bürger in Würde und in Garantie ihrer natürlichen Rechte leben können, anerkenne die Katholische Kirche es als deren Recht, das eigene Leben und das ihrer Familien zu schützen und auszuwandern. Ebenso sei es aber auch Bestandteil kirchlicher Lehre, "dass souveräne Staaten das Recht und die Verantwortung besitzen, ihre Grenzen zu schützen und Immigration nach den Maßgaben der Gerechtigkeit, der Barmherzigkeit und in Respektierung des Gemeinwohls zu regulieren", hält der Bischof fest.

Vertrauen und Integration
In der gegenwärtigen Situation bräuchten die Staaten, die Gesellschaften und die Bürger Europas vor allem gegenseitiges Vertrauen. Zsifkovics: "Nur durch Vertrauen kann jene günstige politische und soziale Atmosphäre wachsen, die eine allgemeine Kultur des Willkommenseins und der Akzeptanz von Pluralität mit den Erfordernissen des Gemeinwohls in Einklang zu bringen vermag."
Die Solidarität zwischen den Staaten und den Bürgern der Europäischen Union werde stark davon abhängen, inwieweit es gelingt, "Sicherheit, Stabilität und sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten" und "die soziale, kulturelle und historische Eigenheit gewachsener europäischer Gesellschaften zu bewahren".
Der Eisenstädter Bischof weist auf das viel verbreitete gesellschaftliche Gefühl von Unsicherheit und die Befürchtungen hin, dass die vielen Neuankommenden in Europa die traditionelle Kultur und Lebensart heimischer Gesellschaften dramatisch verändern würden. Es sei daher von allergrößter Bedeutung, eine ernsthafte, in die Tiefe wirkende Integration von Migranten und Flüchtlingen zu bewerkstelligen, die "die Bedürfnisse und Rechte der ausgewanderten Personen und Familien sowie zugleich der Zielgesellschaften der Emigranten selbst" schützt. Diese Wechselseitigkeit beinhalte auch die unabdingbare Verantwortung von Immigranten, sich zum Gemeinwohl der von ihnen gewählten Gemeinschaften und Staaten zu bekennen, deren positive Werte zu bejahen und deren Gesetze zu befolgen.

Staatengemeinschaft gefordert
Die gegenwärtigen Phänomene von Flucht und Migration seien nicht zu bewältigen ohne eine bessere Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten, so Zsifkovics. Das beinhalte eine gerechte Aufteilung der Lasten inklusive einer Überarbeitung des Dublin-Systems, die Verpflichtung zu besserer und gemeinsamer Kontrolle der EU-Außengrenzen und die generelle Bereitschaft, getroffene Vereinbarungen einzuhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen.
Auch die bessere Zusammenarbeit mit Drittländern, vor allem mit den Ursprungs- und Transitländern von Flüchtlingen und Migranten, sei notwendiger Teil der Krisenbewältigung. "Innenpolitik wird im 21. Jahrhundert immer mehr zu Außenpolitik und umgekehrt", so Zsifkovics wörtlich. Dieser Zusammenhang lasse sich am Thema Flucht und Migration deutlich darstellen.
Die Probleme von Flucht und Migration können nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung der internationalen Staatengemeinschaft gelöst werden, zeigt sich der Bischof überzeugt: "Nicht nur die EU-Länder, auch die Ursprungs- und Transitländer sowie die internationale Staatengemeinschaft als solche haben hier die dringlichste Pflicht, alles zu tun, damit Menschen das Schicksal der Flucht von vornherein erspart bleibt und sie nicht ein zweites Mal zu Opfern werden - von Menschenhändlern und Schmugglern."
Mit Elan und Effizienz müssten die Hauptursachen der Flüchtlingskrise und von Migration bekämpft werden: "Der Krieg in Syrien muss beendet werden, ebenso die Verfolgung religiöser und ethnischer Minderheiten in Drittländern." Oftmals seien es Christen, die in vielen außereuropäischen Ländern zu den am meisten verfolgten Minderheiten zählen.
Zsifkovics weist in diesem Zusammenhang aber auch auf den Zusammenhang zwischen Migration und Entwicklungspolitik hin. Die Schaffung neuer Beziehungen und günstiger Rahmenbedingungen zur Entwicklung von Drittländern sei eine unverzichtbare Zukunftsaufgabe europäischer Politik. Nur so erhielten diese Staaten den nötigen Anreiz zur Schaffung sozialer und wirtschaftlicher Infrastrukturen, die es ihren Bürgern erlauben, vom Recht Gebrauch zu machen, ihre Heimat nicht zu verlassen, und die jenen, die bereits flüchten mussten, eine Rückkehr in sichere und aussichtsreiche Verhältnisse ermöglichen.

Soziale Wahrnehmung
Der Bischof unterstreicht auch die Bereitschaft der Kirche, Politik und Behörden umfassend zu unterstützen. Die Katholische Kirche verfüge über ein vielfältiges und weltumspannendes Netzwerk mit "besonderer sozialer Wahrnehmungskompetenz und tatkräftigem Engagement". Diese Kompetenzen seien ein wesentlicher Teil für politische Lösungen, zeigt sich der Bischof überzeugt.
Zsifkovics weist in diesem Zusammenhang auf den institutionalisierten Dialog zwischen Europäischer Union und Katholischer Kirche hin. Dies sei ein exzellentes Instrument zum Austausch von Meinungen, Perspektiven und Erfahrungen gerade auch zum Thema Flucht und Migration. Dieser Dialog könne den Institutionen der Union eine fruchtbare Teilhabe an den weitreichenden praktischen Erfahrungen, dem Wissen um die Dramatik menschlicher Schicksale und der gesellschaftlichen Expertise der Kirche ermöglichen. Es gehe um "Erfahrung, Wissen und Expertise, die die Katholische Kirche in allen Mitgliedstaaten mit klarem Bekenntnis und konkreten Taten bei der Aufnahme und Begleitung von Menschen auf der Flucht unter Beweis gestellt hat und weiterhin tagtäglich unter Beweis stellt".

"Kultur des Willkommenseins"
Bischof Zsifkovics fordert weiters die Behörden auf lokaler, nationaler und EU-Ebene dazu auf, "eine gesellschaftliche Kultur des Willkommenseins weiterhin zu begünstigen". Positive Erfahrungen im Zusammenhang mit Flüchtlingen und Migranten sollten dabei verstärkt Teil ermutigender Berichterstattung und vorurteilsfreier Erzählkultur werden. Gleichzeitig dürften die berechtigten Fragen und Sorgen der Gesellschaft nicht negiert werden. Ihnen könne mit dem Hinweis auf die positiven Erfahrungen mit den Neuangekommenen begegnet werden.
Die Katholische Kirche sei entsprechend ihres Sendungsauftrages bereit, "den zu uns Kommenden, vor allem den am meisten Bedürftigen, Hilfe und Beistand zu leisten, und zu ihrer Integration in die Gesellschaft mit den Behörden der Gastländer zusammenzuarbeiten".
Bischof Zsifkovics war Ende Oktober zum Koordinator der COMECE-Bischöfe für die Bereiche Flucht, Migration und Integration ernannt worden. In dieser Funktion bereitet er u.a. für Mitte Februar 2016 eine internationale Tagung mit Bischöfen aus Herkunfts-, Transit- und Aufnahmeländern von Flüchtlingen vor. Die Tagung von 15. bis 16. Februar wird in Stift Heiligenkreuz stattfinden.

(Quelle: Kathpress)

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