Das Kathedralkapitel zum hl. Martin in Eisenstadt (c) Diözese Eisenstadt/Gerald Gossmann |
Am 1. Mai 1963 wurde von Papst Johannes XXIII. mit der Bulle „Solet Catholica“in der Diözese Eisenstadt ein Domkapitel errichtet. Am 50. Jahrestag dieser Errichtung feierten Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics und Altbischof Paul Iby mit dem Kathedralkapitel zum hl. Martin und Domkapitularen der Diözesen Wien, St. Pölten, Graz-Seckau und Györ einen Festgottesdienst im St. Martinsdom.
Liebes-Dienst. In seiner Predigt nimmt der Diözesanbischof Bezug auf das Tagesevangelium, dem symbolhaften Bild von Weinstock und Rebe. „Ich denke“, so Zsifkovics, „es gibt keine Schriftstelle, die passender wäre für ein Domkapitel.“Denn sie führe zurück zu einer Kernaussage der Weltbischofssynode des Vorjahres, derzufolge die Neuevangelisierung im Letzten darin bestehe, die Menschen zur Freundschaft mit Jesus zu führen. Der Dienst der Domkapitulare sei daher, „seinem tiefsten, edelsten Verständnis nach, ein Freundschaftsdienst, ja ein Liebesdienst“, nämlich dort, wo es um den jeweils persönlichen Anteil an den seelsorglichen Arbeiten an der Domkirche gehe. Ein Liebesdienst, der in der eigenen Freundschaft mit Christus wurzelt: „Nur wenn ihr selbst wie die Reben am Weinstock seid, werdet ihr Frucht für andere bringen. Dann kann eure Freundschaft zu Christus zur Freundschaft untereinander werden, im Kapitel und im Presbyterium unserer Diözese (...) mit dem Bischof, den Nachbardiözesen, ja mit der ganzen Weltkirche.“
Einrichtung mit Zukunft?„Die Kapitel sind Institutionen, um verdiente Geistliche zu ihren Lebzeiten in Ehren farbenprächtig zu beerdigen“. Mit einem Zitat des deutschen Kanonisten Heribert Schmitz und einem Augenzwinkern beginnt Franz Hasenhütl, Theologieprofessor aus Graz, seinen Vortrag zum Thema „Das Domkapitel. Eine Einrichtung mit Zukunft?!“In einem historischen Abriss erläutert er Entstehung und Entwicklung. Ausgehend von den Klerikergemeinschaften des Altertums und Frühmittelalters, die an der Kathedralkirche lebten und dort für Liturgie und Gebetsdienst verantwortlich waren, entwickelte sich das Domkapitel über die Jahrhunderte zum engsten Beratungsgremium des Bischofs. Im Laufe der Zeit begannen allerdings weltliche Interessen die geistlichen Verpflichtungen zu überlagern, sodass das Konzil von Trient eine geistliche Erneuerung der Kapitel versuchte, die zur Reorganisation zahlreicher Domkapitel führte.
Neuordnung nach II. Vatikanum. Auch das II. Vatikanische Konzil hielt trotz Kritik an der Einrichtung fest, definierte jedoch eine neue Ordnung: in der nachkonziliaren Rechtsentwicklung wurde dem neu eingerichteten Priesterrat die Vorrangstellung vor dem Domkapitel zugestanden, die zu Unklarheiten in der Kompetenzabgrenzung führten. Das kirchliche Gesetzbuch von 1983 (Codex Iuris Canonici) benennt als Aufgaben des Domkapitels nur die Sorge um die feierlichen Gottesdienste an der Kathedralkirche sowie Aufgaben, die vom Recht oder vom Diözesanbischof übertragen werden. Das biete, so Hasenhütl, Gestaltungsspielraum, der vor allem im Statutenrecht des jeweiligen Kapitels genutzt werden kann. Abgesehen davon „nimmt das Kathedralkapitel im Diözesanrecht der österreichischen Diözesen weiterhin eine sehr dominante Stellung als bischöfliches Beratungsorgan ein.“
Einrichtung mit Zukunft! Die Frage, ob die Einrichtung des Domkapitels nicht nur Vergangenheit und Gegenwart, sondern auch Zukunft haben kann, beantwortet der Vortragende mit einem eindeutigen „Ja.“Dazu sei es allerdings notwendig, „die eigenen Aufgaben zu überdenken, zu hinterfragen und neue Aufgaben in Angriff zu nehmen.“Denn nur dann könne das Kathedralkapitel in den sich wandelnden Verhältnissen einen spezifischen Beitrag zur Erfüllung des kirchlichen Sendungsauftrages in seiner Teilkirche leisten. Ein Balanceakt, zwischen Wahrung wertvoller Traditionen und dem Mut, neue Herausforderungen zu erkennen und sich ihnen zu stellen.
Die Predigt im Wortlaut ...