© www.kv-roma.at |
"Rudolf Sarközi war einer der ganz Großen des Burgenlandes, der Diözese und der gesamten Republik, ein unermüdlicher, vorbildhafter Verfechter von Selbstbestimmung und Verständigung, von Minderheitenrechten und von einem von Anerkennung, Geschwisterlichkeit und Solidarität getragenen Miteinander. Ich bin zutiefst betroffen und traurig", so Bischof Ägidius J. Zsifkovics in einer ersten Reaktion auf das plötzliche und unerwartete Ableben von Prof. Rudolf Sarközi, Gründer und Obmann des Kulturvereins Österreichischer Roma und Vorsitzenden des Volksgruppenbeirates der Roma. "Seine Menschlichkeit und sein Einsatz für Menschlichkeit und Menschenrechte bleiben sein unvergessliches Vermächtnis, das uns allen Inspiration im Knüpfen von Brücken der Humanität sein soll."
Pionier im Abbau von Vorurteilen
Er, der in seinen jungen Jahren zunächst im Hoch- Tiefbau als Hilfsarbeiter eine Stelle annahm, weil er keine Lehrstelle bekam, sei zu einem "der ganz großen Baumeistern der Humanität, der Selbstbestimmung, der Geschwisterlichkeit in dieser Republik" geworden, so Bischof Zsifkovics, als Burgenlandkroate selbst Angehöriger einer Minderheit. Obwohl Sarközi in seinem Leben mit vielfältigen Erfahrungen des Leids, der Gewalt, der Ausgrenzung und des Hasses konfrontiert war, sei es ihm, der frei war von Verbitterung, stets um "Verständigung, den Abbau von Vorurteilen und Stereotypen, um die offene Begegnung von Mensch zu Mensch gegangen".
"Ihn gekannt zu haben, erfüllt mich mit Dankbarkeit"
Rudolf Sarközi sei ein "Bollwerk gegen Ängste und Vorurteile, gegen alle Versuche, Gruppen und Einzelne auszugrenzen, zu marginalisieren, zu stigmatisieren oder gegeneinander auszuspielen" gewesen, der sein Leben in den Dienst der Menschlichkeit gestellt habe, so der Bischof und fügt hinzu: "Der Tod von Rudi Sarközi erfüllt mich mit Trauer, das Geschenk, diese herausragende Persönlichkeit gut gekannt und auf dem Lebensweg begleitet haben zu dürfen, erfüllt mich zugleich mit einer tiefen Dankbarkeit."
Nicht nur in die jahrhundertlange Tradition der Roma-Wallfahrten, sondern auch in den kirchlichen Alltag habe sich Rudolf Sarközi stets aktiv eingebracht, bei der letztjährigen Wallfahrt sprach er noch berührende Dankesworte an alle Teilnehmenden.
"Gibt nur Menschen, keine Rassen"
"Ein Leitsatz von Rudi Sarközi war stets: ‚Es gibt keine Rassen, es gibt nur Menschen anderer Hautfarbe und anderer Nationalität’. So sehr er gegen Vorurteile, Ausgrenzung und Verletzungen der Menschenwürde ankämpfte, so sehr stand er selbst für Versöhnung, Dialog und Mitmenschlichkeit", so der Bischof. "Mein Mitgefühl gilt nun in erster Linie seiner Frau, seinem Sohn und seinen Enkelkindern. Der Tod von Rudi Sarközi hinterlässt eine große, schmerzhafte Leere."
Brückenbauer der Verständigung
"Er, der inmitten der Menschenschlachthöfe, der Vernichtungsmaschinerie der Nationalsozialisten hineingeboren wurde, er, der den verheerenden Auswüchsen des Fremdenhasses, wie er mit der Ermordung von Roma durch den Bombenattentäter Franz Fuchs in Oberwart seine hässliche Fratze zeigte, ins Auge sehen musste, richtete keine Fäuste gegen andere, sondern streckte die eigenen Arme aus. Er baute keine Mauern, obwohl er selbst Ausgrenzung am eigenen Leib erfuhr, sondern baute Brücken der Verständigung."
Kraftfahrer und Wegbereiter von Minderheitenrechten
Prof. Rudolf Sarközi wurde am 11. November 1944 im KZ-Lackenbach als erstes Kind von Paula Sarközi und Rudolf Weinrich geboren. Nach der Auflösung des Konzentrationslagers durch die Sowjettruppen zog er mit seiner Mutter nach Unterschützen im südlichen Burgenland. Als "Zigeuner" stigmatisiert erhielt er keine Lehrstelle, arbeitete als Hilfsarbeiter im Hoch- und Tiefbau, als Monteurhelfer bei Installateurdiensten. Über den geleisteten Präsenzdienst hinaus stellte sich Sarközi weitere 15 Jahre als Reservist dem Österreichischen Bundesheer zur Verfügung. 1981 nahm ihn, seit 1964 mit seiner Frau Helga verheiratet – im selben Jahr kam Sohn Andreas zur Welt – die Gemeinde Wien als Kraftfahrer auf.
Der Kulturverein Österreichischer Roma wurde im Jahr 1991 auf Initiative von Rudolf Sarközi gegründet, Sarközi selbst war seit dem Gründungsjahr Obmann des Vereins, den er ebenso leidenschaftlich vertrat wie Minderheitenrechte im Allgemeinen und das Gedenken und Erinnern an die an Roma und Sinti verübten Verbrechen durch die Nationalsozialisten. Sarközi war einer der zentralen Initiatoren jenes Weges, der mit einer Petition für die Anerkennung der Roma und Sinti in Österreich als Volksgruppe begann und schließlich zur parlamentarischen Anerkennung der Volksgruppe im Jahr 1993 führte.
"Sein Leben ist Inspiration für uns alle"
Die von ihm gegründete Roma-Doku wurde zu einer Informations-, Dokumentations- und Begegnungsstätte zwischen seiner eigenen Volksgruppe, der Mehrheitsbevölkerung und allen Interessierten. Seit 1995 übte Sarközi die Funktion des Vorsitzenden des Volksgruppenbeirats der Roma aus. Nach dem furchtbaren Attentat am 5. Februar 1995 in Oberwart, wo die vier Roma Peter Sárközi, Josef Simon, Ervin und Karl Horvath durch eine Rohrbombe von Franz Fuchs ermordet wurden, gründete Sarközi den Roma-Bildungsfonds, dem er als Kurator vorstand und der finanzielle Hilfe bei Ausbildung und Weiterbildung von Kindern und Jugendlichen sowie bei der Erwachsenenbildung von Roma leistet. Der damalige Bundespräsident Thomas Klestil verlieh ihm am 24. Oktober 2002 den Professor-Titel. "Sein Leben ist Inspiration für uns alle im Bemühen um Menschlichkeit und Verständigung", so Bischof Zsifkovics.