Bischof Ägidius J. Zsifkovics übt scharfe Kritik an dem vom Innen- und Finanzministerium geplanten Abzug von Spenden bei der Berechnung der Förderung für Hilfsorganisationen – Zsifkovics: "Verantwortung für die Einhaltung grund- und menschenrechtlicher Standards zu delegieren und dann jene zu benachteiligen, die ihre Hände zur Hilfe ausstrecken, ist schäbig"
Als einen "Schlag ins Gesicht" all jener, die ihre Hände in der Flüchtlingshilfe ausstrecken und von Anfang an ausgestreckt haben bezeichnet der Eisenstädter Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics, Referatsbischof für Flucht, Migration und Integration in der Österreichischen Bischofskonferenz, die Absicht des Innen- und Finanzministeriums, bei der Berechnung von Fördergeldern für Hilfsorganisationen die an sie ergangenen Spenden abzuziehen. "Dank des unermüdlichen Einsatzes, der Handlungsbereitschaft und des Know-hows von Hilfsorganisationen und der so vielen, so vorbildhaft und großartig engagierten Helferinnen und Helfer ist das Grundrecht auf Versorgung und Betreuung von Schutzsuchenden nicht bloß leeres Papier, sondern gelebte Realität. Und als ‚Dank’ dafür, Leistungen und Verantwortungen, zu denen an sich der Bund verpflichtet ist, zu übernehmen, sollen sie geschröpft werden", kritisiert der Bischof.
"Angriff auf politische Kultur der Solidarität"
Die vom Innenressort gegenüber Hilfsorganisationen zum Ausdruck gebrachte Absicht, Spendengelder, die im Rahmen der Flüchtlingshilfe an NGOs fließen, von den förderbaren Kosten abzuziehen, sei ein Angriff auf die politische Kultur der Solidarität, der Subsidiarität und eines Miteinanders in wechselseitigem Verantwortungsbewusstsein. "Wenn der Bund die grund- und menschenrechtlich verbriefte Einhaltung von Asylstandards wie der Betreuung, Versorgung und Unterbringung von Schutzsuchenden delegiert und nur mit Hilfe von NGOs umsetzen kann und dann genau jene benachteiligen möchte, die ihre Hände zur Hilfe ausstrecken, so ist das eine schäbige und falsche Politik", zeigt sich der Bischof empört.
"Politik soll Zivilgesellschaft stärken, nicht schwächen"
Schließlich sei die Gewährleistung einer grundlegenden Versorgung, Betreuung und Unterbringung von Flüchtlingen weder ein Gnadenakt noch ein von schwankenden ideologischen Ausrichtungen, parteipolitischen Präferenzen, Launen oder Konventionen abhängiges Commitment. Es gehe um ein Grundrecht, dessen Einhaltung und Umsetzung der Bund jedoch nur dank des Einsatzes von Hilfsorganisationen zu realisieren imstande ist. "Politik soll der Stärkung und keinesfalls der Unterwanderung der Zivilgesellschaft dienen. Eine Politik auf Kosten der Zivilgesellschaft, auf Kosten einer organisierten und engagierten Mitmenschlichkeit geht in die falsche Richtung und bedarf einer Kurskorrektur", fordert der für den Themenbereich Flucht, Migration und Integration zuständige Bischof Ägidius Zsifkovics.
Auszahlung zustehender Gelder bis heute offen
In einem Schreiben des Innenministeriums werden Hilfsorganisationen aufgefordert, bis 7. März 2016 mitzuteilen, "in welcher Höhe Spenden bei Ihnen seit dem 4. September 2015 mit der Widmung Flüchtlingshilfe eingegangen sind und wie viel von diesem Spendenaufkommen bislang für diese Maßnahmen bereits verbraucht wurde." Dabei wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Spenden bei der "Gewährung weiterer Förderungen" einkalkuliert, das heißt von den ersetzbaren Kosten abgezogen werden sollen. Der Bund beruft sich dabei auf eine Sonderrichtlinie, deren Anwendung auf die Flüchtlingshilfe von Vertretern der Hilfsorganisationen als unangebracht zurückgewiesen wird. Zudem warten Hilfsorganisationen bis heute auf die noch unerledigte Auszahlung der ihnen zustehenden Gelder für erbrachte Leistungen in den Monaten Jänner und Februar dieses Jahres.