Eisenstadt / Zagreb – Mit einer großen, einer historischen Wallfahrt der Burgenlandkroaten wird im Frühsommer dieses Jahres ein weiterer konkreter Akt der Bewusstmachung und Akzentuierung burgenlandkroatischer Identität über Ländergrenzen hinweg gesetzt werden. Dann nämlich werden – erstmals seit fünfhundert Jahren – Burgenlandkroaten aus drei europäischen Staaten nach Zagreb ans Grab des Märtyrerkardinals Alojzije Stepinac pilgern und auf diese Weise nicht nur ein Zeichen ihrer grenzüberschreitenden Verbundenheit untereinander setzen, sondern auch die europäische Öffentlichkeit daran erinnern, dass selbst mörderische politische Systeme die menschliche Strahlkraft der von ihnen verursachten Märtyrer nicht überdauern können. Die Wallfahrt von burgenlandkroatischen Europäern an die Tumba eines unvergessenen Mahners und Warners vor Unmenschlichkeit und Totalitarismus wird somit auch ein Appell an Europa sein, in Zeiten zunehmender politischer Extreme Menschlichkeit und Gottesfurcht nicht aus den Augen zu verlieren.
Gern gesehener Gast aus Eisenstadt
Kroatiens Premierminister Andrej Plenković war vergangene Woche nicht der erste Regierungschef, der den Eisenstädter Bischof im Zagreber Regierungspalast willkommen hieß. Zsifkovics’ Zagreb-Aufenthalt, der von den Vorbereitungen für die große Wallfahrt der Burgenlandkroaten im Mai dominiert wurde, war insofern auch die Fortsetzung bisheriger enger Kontakte, die der Eisenstädter Bischof und ranghöchste Minderheitenvertreter in der Republik Österreich mit der politischen Führung Kroatiens in Sachen Förderung der Burgenlandkroaten und ihrer Anliegen seit Jahren pflegt. Erst im Dezember 2016 hatte Kroatiens Außenminister und Vize-Premier Davor Stier Bischof Zsifkovics im Burgenland besucht und dem Adventkonzert des internationalen burgenlandkroatischen Chores "Pax et Bonum" beigewohnt. So zeigte sich denn auch Premierminister Plenković über den Besuch aus Eisenstadt höchst erfreut und dankte Bischof Zsifkovics und allen Burgenlandkroaten für die Bewahrung ihrer kulturellen und sprachlichen Identität über mehr als 500 Jahre, und dies nicht nur in Österreich, sondern auch in der Slowakei und Ungarn. Dies sei auch ein Zeichen an Europa, das starke Menschen mit starken Identitäten brauche. Zugleich würdigte Plenković die unverzichtbaren Leistungen und Verdienste der katholischen Kirche bei der Bewahrung und Förderung des burgenlandkroatischen Erbes.
Volle Unterstützung für neuen internationalen Kulturverein der Burgenlandkroaten
Bischof Zsifkovics übermittelte seinerseits dem Ministerpräsidenten die Grüße der Burgenlandkroaten und berichtete über laufende Aktivitäten zur Erhaltung der burgenlandkroatischen Sprache, Kultur und religiös-seelsorglichen Verbundenheit. Zsifkovics kündigte hier den bereits mit Plenkovićs Vorgänger erörterten Start eines neuen Kulturvereins mit dem Namen "Hrvat S.A.M" (Slovačka-Austrija-Mađarska = Slowakei-Österreich-Ungarn) an, der Burgenlandkroaten auf anspruchsvolle und zukunftsfähige Weise unter europäischem Dach vereinen will und folkloristischen Engführungen und sackgassenhaften Einigelungen in Clan-Mentalitäten eine Absage erteilt. Der Bischof betonte in diesem Zusammenhang, dass im Mai dieses Jahres in Zagreb die erste gemeinsame Wallfahrt der Burgenlandkroaten seit 500 Jahren stattfinden wird. "Wir müssen groß denken, auch wenn wir per definitionem eine Minderheit sind – sonst verschwinden wir von der Bildfläche!", so Zsifkovics am Rande des Treffens. Ministerpräsident Plenković kündigte an, dass die Regierung der Republik Kroatien die Arbeit des neuen Kulturbundes voll unterstützen wird. Zuletzt wurde die Einladung zum "Kroatischen Sonntag", der traditionellen kroatischen Wallfahrt auf den Oberberg in Eisenstadt am 1. Sonntag im Oktober, an den Premierminister herangetragen.
Kirchliche Europa-Politik mit burgenländischer Note
Zsifkovics verwirklicht mit seiner Politik einer internationalen Stärkung burgenlandkroatischer Identität die Verlängerung einer der Säulen kirchlicher Sozial- und Gesellschaftsvorstellungen hinein in die globalisierte Wirklichkeit des 21. Jahrhunderts und führt dabei die 500-jährige Geschichte der Burgenlandkroaten, denen er selbst in mittlerweile 18. Generation angehört, als verlässlichen Kronzeugen. Denn ob es um das Überleben unter der Osmanischen Repression geht, um den Weiterbestand als kulturelle und sprachliche Familie in der Diaspora oder um die bis heute anhaltende Vitalität als Volksgruppe in einem vereinten Europa: Es waren die Werte einer "tätigen, praktischen und weltoffenen Immanenz", so der Bischof, "und einer über bestehende Barrieren und Beschränkungen hinausreichenden und hoffenden Transzendenz", die ein halbes Jahrtausend lang das Überleben einer Sprach-, Kultur- Glaubens- und Identitätsgemeinschaft unter schwersten Bedingungen gesichert hat. Eben das sei auch das gesellschaftliche Anliegen der Kirche für Europa: Eine stabile Beheimatung des Menschen in einer sich zunehmend entgrenzenden, moralisch unverbindlicher werdenden und in Bewegung geratenen Welt, verwirklicht in einer Kombination aus praktischem, wertegeleiteten Tun und spirituellem Vertrauen, die gerade junge desillusionierte Menschen in vielen Ländern Osteuropas dazu bewegen könne, ihre Heimat nicht leichtfertig für materielle Heilsversprechungen zu verlassen, sondern sich dort, wo ihre Wurzeln sind, für die effektive Verbesserung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft einzusetzen. Dann erst könne jene europäische Einheit entstehen, die ihre Stärke aus der Vielheit starker Identitäten ziehen kann und nach der die EU so verzweifelt sucht.
Erstmals seit 500 Jahren: Internationale Pilgerfahrt der Burgenlandkroaten – Gemeinsam mit Bischof Zsifkovics ans Grab des seligen Alois Kardinal Stepinac
Von 19. bis 21. Mai dieses Jahres werden Burgenlandkroaten aus Österreich, Ungarn und der Slowakei ans Grab des seligen Alois Stepinac pilgern. Alojzije Viktor Kardinal Stepinac (deutsch: Alois Viktor Kardinal Stepinac; * 8. Mai 1898 in Brezarić zu Krašić, Österreich-Ungarn; † 10. Februar 1960) war römisch-katholischer Priester, Kardinal und von 1937 bis 1960 Erzbischof von Zagreb. Stepinac wurde 1998 von Papst Johannes Paul II. als Märtyrer des kommunistischen Terrors seliggesprochen. Bischof Zsifkovics und die burgenlandkroatischen Pilger aus drei Ländern werden den Hauptgottesdienst der geplanten Pilgerfahrt am Grab des Märtyrers im Zagreber Dom feiern. Das kroatische Staatsfernsehen wird den Gottesdienst live übertragen, der vor kurzem unter der Ägide von Bischof Zsifkovics gegründete internationale Chor "Pax et Bonum" (mit burgenlandkroatischen Ensemblemitgliedern aus drei Ländern) wird singen. Tags zuvor wird u.a. im Rahmen einer Stepinac-Festakademie das Leben und Wirken des Märtyrerbischofs durchleuchtet werden.